Faire Bezahlung
Faire Bezahlung ist die Grundlage für gute Arbeitsbedingungen in der Soziokultur. Soziale Nachteile und Altersarmut darf nicht mehr vorprogrammiert sein. Professionelle Arbeit muss angemessen bezahlt und sinnerfüllt sein – auch wenn die allgemeinen Bedingungen oft viel abverlangen. Dazu gehört eine hohe Arbeitsbelastung durch zu geringe Personalschlüssel sowie Wochenend-, Sonntags- und Nachtarbeit. Das große Engagement der hauptamtlich Beschäftigten, der Auszubildenden, FSJ’ler*innen und Honorarkräfte verdient faire Löhne und Gehälter.
Ergebnisse der Umfrage der LAKS zu fairer Bezahlung
Im Herbst 2022 führte die LAKS eine Umfrage unter ihren Mitgliedern zum Thema „Faire Bezahlung“ durch. Auf die Fragen nach den Berufsgruppen und der Bezahlung in den 28 Mitgliedszentren der LAKS mit festangestelltem Personal antworteten 79 Prozent, was die hohe Relevanz der Thematik zeigt. Die ausgeübten Berufe sind vor allem Geschäftsführer*innen, Kulturmanager*innen, PR-Fachleute, Buchhalter*innen und Techniker*innen.
Fast die Hälfte der Zentren mit Festangestellten bezahlt bereits in Anlehnung an den TVÖD, wobei die Stellen teilweise sehr niedrig eingruppiert sind oder die Einstufungen seit Jahren stagnieren.
64 Prozent finden die Bezahlung gut oder ok, aber niemand sehr gut und 36 Prozent sind unzufrieden bzw. sehr unzufrieden.
Die Zentren unterscheiden sich stark hinsichtlich ihrer Mitarbeiter*innen-Anzahl und dem Haushaltsvolumen, auch die Spanne zwischen den bezahlten Gehältern ist sehr hoch, entsprechend unterschiedlich fällt die Bewertung aus.
Dringenden Handlungsbedarf sehen aber unabhängig von diesen Unterschieden alle Zentren durch die stark gestiegenen Kosten, die eine Anpassung der Gehälter überall nötig macht.
Workshop Fair Pay in der Soziokultur
Im Rahmen des Projekts „Nachhaltigkeit im Rampenlicht der Soziokultur“ fand am 28.3.23 im Kulturzentrum franz.K in Reutlingen ein Workshop der LAKS zum Thema faire Bezahlung statt. 14 Mitgliedszentren nahmen die Gelegenheit wahr, miteinander ins fachliche Gespräch zu kommen.
Die Ergebnisse in Kürze
Einigkeit bestand darin, dass das Thema faire Gehälter auf die politische Agenda gesetzt werden muss und sich an Kommunen und Land gleichermaßen richtet.
Dazu sind Bündnisse in den Städten zu schmieden. Das Ziel ist eine Dynamisierung der Zuschüsse, um den steigenden Kosten zu begegnen.
Denkbar sind auch Regionalkonferenzen, um Vergleichbarkeit herzustellen und gemeinsame Ziele zu erarbeiten.
Workshopbericht
Eingeladen als Referentin war Corinne Eichner, Geschäftsführerin der STADTKULTUR Hamburg, die einen informativen Einblick in das Thema aus Hamburger Sicht gab. Die 28 Mitgliedszentren der STADTKULTUR unternehmen seit 2022 gemeinsame Anstrengungen, um eine bessere Bezahlung der Geschäftsführer*innen und Angestellten in den Kulturzentren der Stadt zu erreichen. Im Fokus steht vor allem die zu schlechte Eingruppierung in den TV-L, der in Hamburg gilt. Dazu ist insbesondere die Kampagne jüngerer Mitarbeiter*innen mit der Plattform „KulturWert – faire Tarife für alle“ hilfreich, sowie die politische Arbeit der STADTKULTUR.
Die politische Strategie der Hamburger Soziokultur besteht darin, gleichzeitig mit einer Neueingruppierung der Stellen eine belastbare Grundlage für die politische Argumentation zu schaffen und durch die Initiative der Beschäftigten auf die Politik einzuwirken. Dabei nimmt der Landesverband STADTKULTUR eine konstruktive Rolle gegenüber Verwaltung und Politik ein. Beide Gruppen, die Mitarbeitenden-Initiative und der Verband, arbeiten eng zusammen und der Verband berät die Beschäftigten.
Angeregt durch den Impuls von Corinne Eichner diskutierten die Teilnehmeri*nnen der LAKS BW ihre Handlungsoptionen. Bei den kleineren Zentren mit 2 bis 5 Mitarbeiter*innen zeigte sich die größte Unzufriedenheit mit der aktuellen Höhe der Gehälter. Die Aufgabenbereiche vieler Mitarbeiter*innen haben sich stark entwickelt, während die Gehälter nicht angepasst werden konnten. Zusätzliche Leistungen wie steuerfreie Zuschläge, flexible Arbeitszeiten, Überstundenausgleich, gutes Betriebsklima, kostenlose Getränke und Essen beim Abenddienst, Jobrad etc. und auch Mitgestaltung und das Einbringen eigener Ideen wurden als Möglichkeiten gesehen, Mitarbeiter*innen zu binden und zu halten. Ausgemacht wurde auch eine unterschiedliche Einstellung zur Arbeit und Gehalt der Generationen.
In der Gruppe der mittleren Zentren, die zwischen 4 bis 8 Mitarbeiter*innen haben, zeigte sich Einigkeit darin, dass gute Arbeit auch gut bezahlt werden muss, um Mitarbeiter*innen zu halten und neu zu gewinnen. Die Eingruppierung ist zum Teil noch nicht befriedigend. Dabei sind gerade in kleinen Teams faire Arbeitsbedingungen wichtig und Tariferhöhungen sollten mitgegangen werden, auch wenn dies mit wirtschaftlichen Risiken einhergeht. Aufgrund der demographischen Situation, die sich im angespannten Arbeitsmarkt widerspiegelt, wird die Mitarbeitergewinnung immer schwieriger. Wichtig ist, die eigenen Mitarbeiter*innen auszubilden, damit die Nachfolge gesichert werden kann.
Mit der Neubesetzung von Geschäftsführungspositionen mit jüngeren Kräften gehen insgesamt Veränderungsprozesse einher. Es zeigt sich auch, dass das jüngere Ehrenamt das Engagement der älteren Ehrenamtlichen, die sich altersbedingt zurückziehen, nicht eins zu eins ersetzen kann und will.
Bei den großen Zentren, die zwischen 15 bis 22 Mitarbeiter*innen haben, wurden die Bedingungen diskutiert, unter denen soziokulturelle Arbeit stattfindet. Die Altersarmut, mit der sich die Gründergeneration der 80er Jahre konfrontiert sieht, ist kein Modell für die folgenden Generationen. Es muss auch möglich sein, mit Einkommen in der Soziokultur Familie zu haben, die hohen Lebenshaltungskosten zu bestreiten und horrende Mieten in der Stadt zu bezahlen. Besprochen wurden auch Arbeitszeitmodelle und die Angemessenheit von Tarifen wie dem TVÖD oder dem TV-L für soziokulturelle Arbeit – sind diese wegweisend oder einengend? Die Frage der Einstufung besteht ebenso wie Regelungen wie befristete Verträge, Überstundenausgleich oder betriebliche Altersvorsorge. Die Digitalisierung, etwa mit Cloudlösungen, verändert und steigert die Effizienz der Arbeit. Transparenz und faire Entlohnung gehören zum Wertekanon der Soziokultur.
Mit welchen Strategien lässt sich faire Bezahlung erreichen?
Die Dynamisierung der Zuschüsse der Kommunen stellt dabei ein wesentliches Ziel dar. Vorreiter sind Freiburg und Stuttgart, die bereits eine jährliche Zuschusserhöhung für freie Träger eingeführt haben. Durch Bündnisse der Kulturträger innerhalb der Städte, wie z.B. dem Zusammenschluss von Einrichtungen in Ludwigsburg und dem Kulturring in Karlsruhe lässt sich mehr erreichen: Der Vorteil besteht darin, dass die Wahrnehmung erhöht wird und Politik und Verwaltung sich einer Szene gegenübersehen, die mit einer Stimme spricht und sich nicht auseinanderdividieren lässt.
Ferner gibt es auch Möglichkeiten der Unterstützung durch die Kommunen, etwa über Mietnachlässe für städtische Gebäude oder kostenfreie Werbung. Als Mittel sind auch Aktionstage denkbar, die die Aufmerksamkeit erhöhen. Streik dagegen wird mehrheitlich als kontraproduktiv angesehen, da es in der Soziokultur keine Tarifparteien gibt, sprich keine Arbeitgeber, die andere Interessen als die Mitarbeiter*innen verfolgen, sondern in kleinen Teams Geschäftsführer*innen und Mitarbeiter*innen gemeinsam die soziokulturelle Arbeit umsetzen. Die Verantwortung liegt bei den Häusern selbst, faire Gehälter zu bezahlen und Transparenz herzustellen. Dies kann auch durch Steigerung der Einnahmen jenseits der Zuschüsse umgesetzt werden, wobei bei vielen (kleineren) Zentren hier der Spielraum sehr gering ist.
Bei der Frage der Eingruppierung wurde betont, dass dazu das Gespräch mit den Mitarbeiter*innen wichtig ist, um zu erfahren, was für angemessen und fair im Team angenommen wird. Die Kriterien sind die Art der Tätigkeit, die Ausbildung, der Grad der Selbständigkeit und Verantwortung, aber auch Nacht- und Wochenendarbeit, die nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann. Die Stufe dagegen bemisst sich nach Dauer der Betriebszugehörigkeit bzw. Berufserfahrung. Die Tätigkeiten und Verantwortungsbereiche variieren je nach Zentrum und Betriebsgröße.
Der Workshop wurde durch den Fonds Soziokultur gefördert, aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.