Forderungen des Bundesverbands Soziokultur an die neue Bundesregierung
Soziokultur sichern und entwickeln
Seit mehr als 50 Jahren spielt die Soziokultur eine zentrale Rolle in der kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklung Deutschlands. Durch die Arbeit ihrer Einrichtungen und Initiativen fördert sie gesellschaftlichen Zusammenhalt und Partizipation, ermöglicht Dialog und macht Kultur sowie kulturelle Bildung in allen Kunstsparten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Als offene, kommunikative Orte bieten soziokulturelle Einrichtungen und Initiativen Freiräume für Integration, Inklusion und Teilhabe. In ländlichen Räumen schaffen soziokulturelle Angebote oft die einzige Möglichkeit des Austauschs und in sozial komplexen urbanen Quartieren bieten sie Experimentierflächen und Gemeinschaftsräume, die sonst fehlen würden. Junge Kunst- und Kulturschaffende machen hier oftmals ihre ersten Publikumserfahrungen.
An die neue Bundesregierung stellt der Bundesverband Soziokultur folgende Forderungen:
Soziokulturelle Einrichtungen als Orte der Demokratie anerkennen und fördern
In Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche bieten Kunst und Kultur Orientierung, Reflexion und Zukunftsperspektiven. Soziokulturelle Räume ermöglichen echte Teilhabe, indem sie Kultur als gemeinschaftlichen Prozess begreifen. Soziokultur verbindet Menschen, stärkt Mitsprache und fördert Diversität und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Soziokulturelle Arbeit nachhaltig finanzieren und strukturell fördern
Soziokulturelle Zentren und Initiativen sind wichtige Einrichtungen sowohl in ländlichen Regionen als auch in städtischen Gebieten. Sie sind ein wichtiger Teil der allgemeinen Daseinsvorsorge, Orte der gelebten demokratischen Praxis und gelten als demografischer Haltefaktor. Neben einem hohen Anteil an Eigenerwirtschaftung werden sie in der Regel durch die Kommunen gefördert. Durch eine verbesserte finanzielle Unterstützung ist unter anderem sicherzustellen, dass die Kommunen in der Lage sind, diese für Bürgerinnen und Bürger essenziellen lokalen Einrichtungen angemessen zu unterstützen.
Nachhaltige Förderprogramme als Grundlage für faire Arbeitsbedingungen im Kulturbereich
Um faire Honorare und Mindeststandards in der Kulturförderung zu gewährleisten, müssen die Förderprogramme des Bundes langfristig, nachhaltig und partizipativ gestaltet werden. Eine verlässliche Finanzierung bildet die Basis für angemessene Vergütung und soziale Absicherung von Künstlerinnen, Künstlern und weiteren Beschäftigten im Kulturbereich. Insbesondere die Stabilisierung der Künstlersozialkasse ist dabei essenziell. Länder, Kommunen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Betroffene sind frühzeitig in die Entwicklung dieser Programme einzubeziehen, um die soziokulturelle Arbeit vor Ort gezielt zu stärken.
Ökologische Transformation der soziokulturellen Zentren vorantreiben
Dafür braucht es nachhaltige Kulturförderungen, die sich an ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitskriterien orientieren. Soziokulturelle Zentren und Initiativen wollen klimaneutral arbeiten. Wir fordern Investitionen in die energetische Sanierung und ökologische Transformation von Kulturstätten und Entwicklung ressourcenschonender Veranstaltungsformate.
Die Arbeit des Bundesverbands Soziokultur durch institutionelle Förderung dauerhaft sichern
Der Bundesverband Soziokultur spielt eine zentrale Rolle bei der Unterstützung und Vernetzung der soziokulturellen Arbeit. Wir fordern eine strukturelle, mehrjährige institutionelle Förderung, die Planungssicherheit schafft und unabhängige, kontinuierliche Arbeit ermöglicht. Nur so kann der Bundesverband seine zentrale Funktion in der Beratung, Interessenvertretung und Weiterentwicklung der Soziokultur nachhaltig erfüllen.
Kulturelle Bildung und außerschulische Jugendkulturarbeit fördern
Bundesweite Förderprogramme für die kulturelle Bildung müssen verstetigt und ausgebaut werden, um eine nachhaltige und flächendeckende kulturelle Teilhabe sicherzustellen. An der Umsetzung kultureller Bildungsangebote sind neben öffentlichen Einrichtungen auch zivilgesellschaftliche Organisationen und Solo-Selbstständige zu beteiligen.
Ein übergreifendes Kulturförderkonzept für eine zukunftsfähige freie Szene entwickeln
Es braucht ein übergeordnetes kulturpolitisches Konzept, das die freie Szene systematisch mitdenkt und Kulturförderung nicht nur nach Sparten, sondern entlang zentraler Aufgaben wie kulturelle Bildung, Stärkung von Einrichtungen, Qualifizierung und Zukunftsaufgaben strukturiert. Die Bundeskulturfonds, darunter der Fonds Soziokultur, sind ein entscheidender Bestandteil eines solchen Konzeptes. Ihre Finanzierung muss dauerhaft gewährleistet sein.
Investitionsprogramme für soziokulturelle Einrichtungen bereitstellen
Wir fordern die Bereitstellung von Investitionsprogrammen für soziokulturelle Einrichtungen, um Barrierefreiheit, Modernisierung, Digitalisierung, Denkmalschutz und Sanierungen im Sinne des Klimaschutzes nachhaltig zu ermöglichen.
Rechtssicherheit für die politische Betätigung gemeinnütziger Organisationen schaffen
Eine vitale organisierte Zivilgesellschaft stärkt unsere Gesellschaft durch ehrenamtliches Engagement und macht die Demokratie resilient gegen Anfeindungen. Zivilgesellschaftliche Organisationen tragen entscheidend zur gesellschaftspolitischen Meinungs- und Identitätsbildung und damit zur Demokratiestärkung bei, indem sie sich im öffentlichen Diskurs allgemeinpolitisch äußern und betätigen. Das Gemeinnützigkeitsrecht muss zur Schaffung von Rechtssicherheit dringend reformiert werden. Die öffentliche Förderung zivilgesellschaftlicher Organisationen ist ein absolutes Muss.
Das Zuwendungsrecht entbürokratisieren
Sowohl das Zuwendungsrecht als auch dessen Handhabung und Umsetzung müssen dringend dahingehend reformiert werden, unbürokratische und niedrigschwellige Zugänge zu ermöglichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein großer Teil der Arbeit durch Ehrenamtliche geleistet wird, die von hohen bürokratischen Anforderungen abgeschreckt werden.